Architektur als Ur-Sprung …

By cjg on 13. Januar 2016 — 2 mins read

Gerhard Matzig schrieb einen Essay in der Süddeutschen Zeitung vom 12. / 13. Dezember 2008 unter dem Titel: „Der Hauch der Architekten. Was hat uns bloß so ruiniert. Über den Untergang eines einst so glamurösen Berufsbildes“. Es wird dort ein Klagelied über die Architektenzunft angestimmt. Niederdrückende statistische Daten (Überangebot von Absolventen, monetäres Existenzminimum als Standard) wechseln sich ab mit der Schilderung vom Bedeutungsverlust, Polemiken gegen den „kommunikationgestörten“ Künstler-Architekten, der im Elfenbeinturm arbeitet und der Unfähigkeit eines Berufstandes, Bauprojekte effizient und kostensicher abzuwickeln.

Im angelsächsischen Raum gibt es schon seit jeher eine Trennung von Entwurf und Realisierung von Architektur – was soll eigentlich schlimm daran sein? Die Bau-Prozeduren sind heute so ausgefeilt, die zu koordinierenden Einflussgrößen dermaßen umfänglich und die zu integrierenden Spezialdisziplinen so anspruchsvoll, dass das Bauen eine Gemeinschaftsleistung von Architekten und Ingenieuren sein muss – eine nämlich, die dem Anspruch an ein Hightech-Produkt, das sich gleichermaßen wirtschaftlich und technisch wie räumlich in höchster Qualität ausdrückt, gerecht wird.

„Schuster bleib bei deinen Leisten“, heißt es – die „Leisten“ der Baumeister sind die Künste! Das wird auch deutlich im Ethos-Neustartversuch der Zunft vor knapp 100 Jahren, in dem die Architekten als Teamplayer im Gefüge der Künste verortet wurden, das es zu emanzipieren galt von der Industrialisierung.

Im Bauhaus-Manifest von Walter Gropius sollte die Architektur „wieder“ verbunden werden mit den anderen Künsten – wohlgemerkt den Künsten und nicht dem Projektmanagement oder den Spezialdisziplinen der Ingenieurwissenschaften. Das ist auch genau richtig so, denn wer soll sich im Bauen außer dem Architekten denn sonst mit den so wichtigen atmosphärischen Charakteristika befassen?

Heidegger schreibt ganz richtig: „…Anfang ist nicht das Vergangene, sondern, weil er alles Kommende voraus entschieden hat, stets das Zukünftige; als dieses müssen wir den Anfang bedenken…“ (GA 51, S. 15). Aber was ist der Anfang in der Architektur und also „stets das Zukünftige“?

„…Das Wort „Architektur“ ist zusammengesetzt aus den griechischen Wörtern αρχη [arché] „Anfang“, „Ursprung“, „Grundlage“, „das Erste“ und τεχνη [techné] „Kunst“, „Handwerk“. Es ließe sich daher wörtlich mit „Erstes Handwerk“ oder „Erste Kunst“ übersetzen. Die Interpretation zu Lateinischen arcus, „Bogen, Gewölbe“ und tectum „das Eingedeckte“, „Gebäude“ ist sekundär…“.

αρχη [arché] meint „Anfang“ oder „Ursprung“. Hier sind die Dinge klar – es ist die erste Disziplin gemeint. Vitruvs Diktum von der „Architektur als Mutter der Künste“ versteht sich vom Anfänglichen in der Baukunst.

Wie steht es aber nun mit τεχνη [techné]? Sollte man es deuten als „Kunst“ oder „Handwerk. Ich denke, als beides. Noch einmal das Bauhaus Manifest: „…Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück! Denn es gibt keine “Kunst von Beruf”. Es gibt keinen Wesensunterschied zwischen dem Künstler und dem Handwerker…“ Walter Gropius war sich offensichtlich ganz klar darüber, wo die Wurzeln zur Erneuerung der Architektur liegen. Sie liegen in der Besinnung auf die ursprüngliche Aufgabe der Kunst.

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt