Bewusstsein und Verknüpfung …

By cjg on 11. Januar 2016 — 2 mins read

Im Deutschlandradio war vor kurzem eine interessante Buchbesprechung zu hören. Es ging darin um Merlin Donald und sein neues Buch: “Triumph des Bewusstseins”. Offenbar geläutert, schreibt ein Mann, der jahrelang durch die Mühlen des Wissenschaftsbetriebs der Kognitionsforschung gedreht wurde (oder sie auch gedreht hat) über die unzureichende Einschätzung des menschlichen Bewusstseins durch seine Kollegen. Für Jene nämlich, ist der Geist eine Art Abfallprodukt im Prozess der Evolution.

Hier ein Beispiel der Vorgehensweisen in der reduktionistischen Begriffsmanufaktur: “…Viele Hirnforscher verstehen unter Bewusstsein ein für etwa fünfzehn Sekunden geöffnetes Fenster der Aufmerksamkeit, in dem wir uns etwa sieben Informationen gleichzeitig im Kurzzeitgedächtnis merken können…”. Ah ja, noch Fragen? Diese und ähnlich erschöpfende Ausbrüche an Weisheit sind es, die mich gemeinhin zu Tränen der Ergriffenheit rühren…

Merlin Donald jedenfalls scheint dem auch nicht mehr viel abgewinnen zu können. Er führt die Fähigkeit zur rein geistigen Betätigung als Beleg dafür an, dass das menschliche Bewusstsein sich von der „Wirklichkeit“ zu lösen vermag. Das ist ja auch deutlich in den Kapriolen der Laborarbeiter, deren Erkenntnisprozeduren sich offensichtlich in virtuellen Welten bewegen.

Dieses Stichwort fällt gegen Ende der Besprechung auch explizit, wenn verdeutlicht wird, dass jeder Mensch mit und durch sein Bewusstsein in der Kultur existiert. Dieses Existieren ist eine neue Wirklichkeit. Eine, die nicht nur in der Linie: Körper-Hirn-Geist funktioniert, sondern über den Geist zurückwirkt auf das Hirn bzw. den Körper. Die körperlichen Ereignisse werden also vom Geist unabhängig und umgekehrt.

Interessant wird die ganze Angelegenheit, wenn man das Kunstwerk ins Spiel bringt: „…Erfahrung über die Dinghaftigkeit eines Werks durch die „Freilegung“ seiner ursprünglichen Wider-Ständigkeit. Um nicht mehr aber auch nicht weniger geht es beim Kunstwerk. „…Kunst ist nicht Aussage, sondern Vergegenständlichung…“.

Ist das Entgegen-Stehen des Kunstwerks über den Geist oder den Körper wahrzunehmen? Wenn Kunst nicht „Aussage“ sein soll, sondern Vergegenständlichung, dann scheint sie nicht Erkenntnis zu sein, sondern Erfahrung. Dann scheint sie nicht virtuell, sondern körperlich wirksam und auf den Geist gerichtet. Aber vielleicht sollte man auch hier nicht stehen bleiben, denn Erfahrung kann auch rein geistig sein und taugt nicht als Antipode zur Erkenntnis.

Johann Wolfgang von Goethe schreibt in seinen „Maximen und Reflexionen, 1222″: „Es steht manches Schöne isoliert in der Welt; doch der Geist ist es, der Verknüpfungen zu entdecken und dadurch Kunstwerke hervorzubringen hat…“.

Es steht etwas Schönes, es ist isoliert, es ist verknüpft, es ist ent-deckt, es ist hervor-gebracht. Vielleicht sind die Wechselwirkungen und Verzahnungen der Wahrnehmungsweisen nicht zu isolieren, sondern ganz im Gegenteil funktioniert die Wahrnehmung verknüpfend. Der Geist ent-deckt die Verknüpfung und dadurch wird das Kunstwerk hervor-gebracht.

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt