Die Entfesselung der Materie …

By cjg on 23. Januar 2016 — 2 mins read

Der Logos ist gleich mit dem Absoluten; er ist auch das Wort Gottes. Logos und Sprache sind strukturverwandt. Gott hat dabei eine „schaffende“ Sprache im Gegensatz zum Menschen, der seine nur entlehnt: „…aber die reale Welt ist nicht mehr das lebendige Wort, das Sprechen Gottes selbst, sondern das gesprochene -geronnene- Wort…“ (Schelling, F.W.J.: Philosophie der Kunst; unveränderter reprografischer Nachdruck aus dem Nachlass von 1859; Darmstadt 1990, S. 128)

Es gibt also hier den wichtigen Unterschied zwischen „absolut-objektiv“ und „relativ-subjektiv“. Die Sprache ist aber dennoch eine Brücke von der idealen in die reale Welt. In den realen Kunstwerken ist das Wort noch vorhanden, wenn auch erstarrt und gefangen in der Statik der subjektiv betrachteten Dinge.

Die Musik nimmt in den Kunstformen eine Sonderstellung ein. Sie ist -wie der Mensch- endlich, also auch zeitlich. Jedoch entstehen und vergehen die Formen (bildlich gesprochen wie in einem Zeitraffer) schnell und hochdynamisch. Die Musik ist -obwohl konstruiert- daher weniger gefangen in der Statik, als die bildenden Künste. In ihr ist das Werden und Vergehen deutlicher und ebenso die Wegweisung in das geronnene Wort: „…das in den Tod eingegangene Lebendige – das ins Endliche gesprochene Wort – (das, CJG) noch als Klang vernehmbar wird…“ (Ebd. 128)

Auch die Kunst ist „das in den Tod eingegangene Lebendige“. Sie ist gestorbene Sprache. Die Sprache ist dabei für Schelling EINS. Alle Töne und Klänge sind in ihr. Alle Differenzen können sich ausprägen: „…Die Sprache, absolut betrachtet oder an sich, ist nur Eine, wie die Vernunft nur eine ist…“ (Ebd. 129)

Zur Erinnerung: Die bildende Kunst ist die (subjektive) Einbildung der Einheit (des Absoluten), also der Identität, in die Differenz ihrer Formen.

Die Plastik des Bildhauers ist dabei die eingebildete Identität in die Realität von Materie und Körper. Wenn die Materie abstrahiert wird, kommt die Identität zur idealen Einbildung. Die Malerei steht hierfür, denn sie kann durch Assoziation den Übergang bewerkstelligen von der Realität der Materie zu deren Idealität (nehmen wir zum Beispiel die Wirkung eines romantischen Landschaftsbildes von C.D. Friedrich). Diese Form von „relativer Idealität“ wird wiederum überwunden, wenn real und ideal EINS werden.

Diesen Fall haben wir in der Poesie und der Musik: „…Hier wird also der absolute Erkenntnisakt mehr oder weniger von den Fesseln der Materie befreit (…) objektiv und als Akt der Einbildung der ewigen Subjektivität in der Objektivität erkennbar…“ (Ebd. 272). Die Verwandlung hat aber auch hier noch nicht ihr Ende erreicht, denn das Verhältnis von Real und Ideal stellt sich immer noch als Akt, als Geschehen dar. Die Endstufe der Künste ist erreicht, wenn auch das Geschehen, der Akt überwunden ist und das Sein des Ideellen erreicht wird.

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt