Ein kurzer Gedanke zu einem Thema, das eigentlich einen längeren verdient. Muss die Begriffs- und Reflexionsfixiertheit des Deutschen Idealismus als überholt eingeordnet werden? Handelt es sich hier um eine vom menschlichen Leben zu weit entrückte Abstraktionsebene, die nur einigen Wenigen zugänglich ist? Haben wir hier also eine der vielen philosophischen Freakshows, die nicht zur Klärung der entscheidenden Fragen führt, sondern alles komplizierter macht? Geht es eigentlich darum, Fragen zu klären oder ist dieser Wunsch nicht schon ein „Geburtsfehler“? Was meint es, Fragen zu klären?
Ein guter Anfang ist es, Unterschiede zu beschrieben und dadurch Maß zu nehmen. Zunächst einmal nur dieses, ohne in Bewertungen zu fallen. Sicher haben wir es hier schon mit dem Weg des Wissens und des Erkennens zu tun und sind auch auf typisch abendländischem Kurs. Das Fragen-haben ist nämlich schon eine Übersetzung von umgebender Materie in eine immaterielle Ebene.
Es ist eine Virtualisierungsleistung erster Güte, zu versuchen etwas Festes, Körperhaftes, Phämomenales in eine abstrakte, geistige Form zu bringen; eine Form also, die ohne Körper auskommt. Hier schließen sich auch die üblichen Probleme an, denn wie soll es gelingen, das Begegnende in seiner ganzen Tiefe einzufangen und in Worte zu bringen? Man begnügt sich in der Wissenschaft genau aus diesem Grund damit, die Dinge zu reduzieren und zu mathematisieren, um sie handhabbar zu machen. Borniert wird die Wissenschaft allerdings dort, wo sie meint, dass ihre Reduktionen alles sind und es nichts Weiteres mehr gäbe.
Deshalb sind die Denker so wichtig, wenn man annimmt, dass Denken im Gegensatz steht zum Forschen. Um das, was Wesenheit oder Sein des Seienden uns sagen kann, macht Wissenschaft einen Bogen, denn nur das, was technologisch wird, beweist die szientistische, selbsterfüllende Prophezeiung. Freilich wird hier nicht in Abrede gestellt, dass die Technologie in ihrer Logik, Mathematisierbarkeit, Stringenz und Reproduzierbarkeit eine große Wirkung entfaltet und unser aller Leben mittlerweile komplett durchdringt. Verdeutlicht wird hier allerdings, dass das noch nicht eroberte Territorium der Kunst uns am meisten darüber sagt, dass mit der Technologie nur ein minimaler Ausschnitt dessen, was menschenmöglich ist, gezeigt wird.
Wie passt der Deutsche Idealismus mit seiner Transzendentalphilosophie da hinein? Ist er denn nicht ein Wegbereiter in die umfassende Virtualisierung? Leistet man denn nicht dort der Trennung zwischen Subjekt und Objekt Vorschub? Versucht man denn dort nicht, die Reflexion zum Maß der Dinge zu machen, indem das Subjekt zum stiftenden Erkenntnis-Horizont erhoben wird?
Am Anfang der Reihe: „Das Noch-Nicht des Ideellen“ warf ich Fragen auf, deren Antworten so ausgreifend sind, dass ich sie noch eine ganze Weile schuldig bleiben muss: „…Geben tut es Dinge. Geben tut es Ideen. Geben tut es ein Verhältnis zwischen „materiell/immateriell“. Wer oder was gibt? Wer oder was macht es möglich, dass man nimmt, was gegeben wird? Sind wir die Geber – die Geber der Ideen und Dinge? Oder gibt es einen Grundzustand, eine Matrix, eine Basis, auf der man nimmt?…“
In diesen Fragen liegt ein Weg verborgen; vor allem im letzten Satz, der das Stichwort „Matrix“ liefert. Obwohl die mathematische Prägung in der Wortwahl deutlich wird, schwingt etwas Verbindendes mit. Diese Verbindung, dieses Zwischen gilt es zu durchleuchten, um die idealistische Basis weiterzuentwickeln. Die Phänomenologie tut bis zum heutigen Tage genau das und geht daran, eine Transzendentalphilosphie ohne Konstruktivismus möglich zu machen und eine Ontologie ohne Metaphysik zu denken.