Bislang wurden Ideen als etwas von außen Kommendes betrachtet; etwa so: ein Gebäudekonzept ergibt sich aus diesen oder welchen Rahmenbedingungen, genügt diesen oder welchen Nutzerwünschen und folgt diesen oder welchen technischen Erfordernissen. Auch wurden die Ideen stets mit Bewegung zusammengedacht.
Dder wandelnde und flüchtige, der neuernde Charakter der Ideen lässt sich parallel denken mit der Musik. Die musikalische Form ist nur mittelbar an den Raum gebunden. Sie ist eine Zeitkunst, die räumlichen Charakter hat. Das beschreibt die Verwandtschaft zur Architektur, aber auch die Scheidelinie. Von der Idee als Bewegung her gedacht, ist die Musik allemal die bessere Hälfte der Architektur.
Beethoven wurde erkannt als Baumeister der Moderne. Er verband die strukturbildende Kraft der Ideen mit dem Thema der dauernden Bewegung und ist somit die Antwort auf die Eingangsfrage nach der Möglichkeit von Idee als Bewegung in Verbindung mit der musikalischen Architektur; freilich nur, wenn die Geschwisterschaft dieser beiden Künste erkannt wird.
Im dritten Teil der Frage nach Idee und Architektur soll angefangen werden, die solide Seite der Baukunst zu beleuchten. Wie kann Materie die Idee bergen, wenn dieselbe mit der Bewegung zusammen gedacht wird. So, wie die Musik eine Zeitkunst mit räumlichem Charakter ist, so ist die Architektur eine Raumkunst mit zeitlichem Charakter. Bauwerke unterliegen im Allgemeinen dem Thema der Dauer. Sie werden gestellt und müssen stehen bis man sie wieder abreißt. Moderne Nutzungsformen verkürzen die Dauer des Baus. Manche stehen nur einige Monate und werden temporär genannt. An die Zeit gekoppelt sind aber auch sie und müssen stehen, dürfen sich nicht bewegen.
Wandel und Veränderung werden als konstituierend gedacht für die Idee. Nicht das Festwerden ist das Wichtige, sondern das Entfesseln. Über die Entfesselung kann die Möglichkeit sich ergeben. Die Möglichkeit ist die geronnene Idee, die ihre potentiellen Wandlungen aufgegeben hat. Sie ist nur noch ein Schatten, eine wesenlose Hülle der Idee. Sie ist aber gleichzeitig die strukturbildende Kraft im Bauprozess, der Solidität fordert. Die Idee wird zur Möglichkeit und büßt ihre Bewegung ein. Der Beethovensche Weg zur Rettung der Idee-an-sich war nun, eine Möglichkeit der anderen gegenüberzustellen oder aber, der Möglichkeit eine Distanz zu sich selbst zuzuschreiben. Manche würden hier von Dekonstruktion und Dekonstruktivismus reden.
Dekonstruktion als Selbstdistanz, Gegenüberstellung und Begegnung untereinander kann das Bauwerk in Bewegung halten und nah an der Idee-an-sich bleiben. Es gibt aber noch einen weiteren Weg. Einen, der nicht das Vehikel der Möglichkeit nötig hat, die sich selbst destruiert. Einen nämlich, der die Idee entfesselt, der sie aus der Materie entlässt, die sie birgt.