Geburtshelfer …

By cjg on 26. Februar 2016 — 2 mins read

G: Bleiben wir bei der Wahrnehmung von Etwas. Von Etwas, das da ist und doch nicht da ist. Eine ziemliche Zumutung für einen objekt-subjekt-konditionierten Gegenwartsbewohner. Eine Zumutung auch, dieses Etwas er-klären zu wollen, denn gerade das kann ja nicht gelingen.

G: Wie soll Sprache Etwas fassen, für das es keine Vokabeln gibt? Wie kann das Bauwerk Etwas zeigen, das sein eigenes Anderes ist?

H: „…Der Dichter ruft in den Anblicken des Himmels Jenes, was im Sichenthüllen gerade das Sichverbergende erscheinen lässt und zwar: als das Sichverbergende…“ (204)

G: Klarheit herrscht in unserer Welt auf Kosten des Unklaren. Das Letztere ist bestenfalls der überflüssige Rest. Ein Messen und Stellen, das im Ergebnis einem Burgwall gleichkommt; einer Trutzburg vielleicht, auf der Abwehrkämpfe gegen das Unklare geführt werden können.

H: „…So könnte es sein, dass unser undichterisches Wohnen, sein Unvermögen, das Maß zu nehmen, aus einem seltsamen Übermaß eines rasenden Messens und Rechnens käme…“ (207)

G: Eine gute Methode ist es einstweilen, sich im Fragen zu üben. Wie ein Lot, das gesenkt wird, kann die Frage das Klare verlassen und den unklaren Grund berühren.

G: Ein Bild vom Wasser hat der Seefahrer noch, aber das Darunterliegende bleibt verborgen, bleibt unklar, existiert nur als Ahnung.

W: „…Die Substanz ist das, was unabhängig von dem, was der Fall ist, besteht…“ (13)

G: Die Ahnung des Anderen passiert. Sie wird präsent, bevor sie in objektive Vor- bzw. Verstellungen kollabiert.

MP: „…Die Wahrnehmung als Begegnung mit den natürlichen Dingen steht im Vordergrund unserer Untersuchung, und zwar nicht als schlichte Sinnesfunktion, die alle anderen Funktionen erklären könnte, sondern als Archetyp der originären Begegnung, die in der Begegnung mit dem Vergangenen, mit den Imaginären und mit der Idee nachgeahmt und erneuert wird…“ (207)

G: Gehen wir also zurück in unsere Zukunft; in das Zukünftige schlechthin, das doch stets augenblicklich wie gegenwärtig bleibt.

H: „…Ein-Bildungen als erblickbare Einschlüsse des Fremden in den Anblick des Vertrauten…“ (205)

G: Gehen wir in den Kreissaal des (auch unseres) Daseins, in dem *unaufhörlich* Etwas zur Welt kommt. Der Vater des Neugeborenen wird bezeugt durch die Niederkunft, bleibt aber selbst inkognito. Die Mutter wird durch uns Geburtshelfer permanent entbunden.

H: „…Das Aufschauen durchmisst das Zwischen von Himmel und Erde. Dieses Zwischen ist dem Wohin des Menschen zugemessen…“ (198)

(H: Martin Heidegger: „…dichterisch wohnet der Mensch…“; In: Gesamtausgabe, Band 7, Frankfurt am Main 2000)
(MP: Maurice Merleau-Ponty: Das Sichtbare und das Unsichtbare, München 1986)
(W: Ludwig Wittgenstein: Werkausgabe, Band 1, Frankfurt am Main 2006)

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt