Selbstverständliches …

By cjg on 17. Februar 2016 — 2 mins read

G: Die geistige Haltung hat auf das Fragen den gleichen Einfluss, wie das Interesse an der Antwort. Unterscheiden müsste man also, wie jemand fragt davon, was er anstrebt, zu wissen. Lässt man es zu, erschüttert zu werden von der Antwort oder ordnet man das Gehörte in ein erwartetes Muster ein?

W: „…Der Sinn einer Frage ist die Methode ihrer Beantwortung. Sage mir, wie Du suchst, und ich werde dir sagen, was du suchst…“ (S. 12)

G: Wenn man Kindern zuhört, bemerkt man bei ihnen die Fähigkeit, sich erschüttern zu lassen. Man hört, wie das Kind eine Antwort wahrhaftig sucht. Dieses Suchen ist ein Ursprüngliches, es ist etwas Grund-legendes. Es sollte das Vorbild bleiben für alles spätere Fragen.

H: „…wissend ist nur der, der versteht, dass er immer wieder lernen muss und der aufgrund dieses Verstehens sich von allein dahin gebracht hat, dass er stets lernen kann. Dies ist sehr viel schwerer, als Kenntnisse zu besitzen…“ (S. 24)

G: Wer kann sich lange genug fernhalten vom Irrtum, dass man zum Spielen Regeln braucht? Wer kann sich fernhalten von der beengenden Form? Wer kann sich das Ent-decken dessen möglich lassen, das zuvor be-deckt war? Wer zieht das wahrhaftige Ent-decken dem Wegziehen des zuvor platzierten eigenen Tuchs vor?

H: „…dass mithin alles Denken, das lediglich die Denkgesetze der herkömmlichen Logik befolgt, von vorn herein außerstande ist, von sich aus überhaupt die Frage nach dem Seienden auch nur zu verstehen, geschweige denn, zu entfalten und einer Antwort entgegen zuführen…“ (S. 27/28)

G: Kunst ist das Refugium der Freiheit des Denkens, denn Denken ist Kunst. Sie kommt nicht etwa von Können. Kunst kommt von Müssen. Der Künstler kann nicht anders, als sein Werk zu bearbeiten, als die Dinge zu bearbeiten. Er sieht die Dinge mit anderen Augen. Sie zeigen sich ihm reicher, als bei den meisten Menschen. Sie fordern ihn auf, zu handeln. Sie entfalten einen Sog, in der er gezogen wird. Sie verlangen ihre Ent-deckung!

H: „…Aus solcher Überlegenheit (der des Geistes gegenüber der Wissenschaft, CJG) spricht der Dichter immer so, als würde das Seiende erstmals aus- und angesprochen…“ (S. 29)

G: Wie der Dichter das Wort in seine Entdeckung entlässt, so kann der wahre Architekt sein Bauwerk als reine Metapher realisieren. So kann jeder Künstler das präsent werden lasen, das Präsenz überhaupt möglich macht. Das Selbstverständlichste ist dann das Erschütternste.

W: „…Die Selbstverständlichkeit der Welt drückt sich eben darin aus, dass die Sprache nur sie bedeutet und nur sie bedeuten kann…“ (S. 14)

Zitate:
H: Martin Heidegger: Gesamtausgabe; Band 40; Frankfurt am Main 1983
W: Ludwig Wittgenstein: Werkausgabe; Band 2, Frankfurt am Main 1984

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt