Sophoi …

By cjg on 24. März 2016 — 1 min read

G: Wohin kann ein Sprechen sich ausdehnen, das noch verstanden werden soll? Eindrucksvolle Vertreter für ein vor- oder überbegriffliches Denken sind beispielsweise die „sophoi“ in der ältesten griechischen Klassik zwischen dem 5. bis 7. Jh. v. Chr. Hier ist Wissen noch nicht in Begriffe zerfallen. Hier ist die Nähe spürbar zum Epos und zum Erscheinenden an sich.

WS: „…Ein guter Steuermann kann „sophós“ heißen, der sein Handwerk versteht und zugleich vieles im Instinkt hat; ebenso wie der Mann, der ein wirklich gewusstes Wissen hat…“ (16)

G: Zurück in die Zukunft also, als es noch keinen Unterschied gab zwischen Denken und Leben, als Gedachtes, Gesprochenes und Konkretes noch nicht aufgelöst waren in kleinste gemeinsame Nenner, die im Dienste des „Diskursiven“ stehen.

HS: „…Das alte Paradigma bezeichne ich als archaischen Dynamismus (…) Das menschliche Erleben ist im archaischen Paradigma weder zentralisiert noch abgegrenzt; die Person, die „ich“ sagt, steht ohne Hausmacht in einem Konzert von Regungsherden (…) die meist leiblich lokalisiert sind, und ist dem Einbruch ergreifender Mächte (…) ausgesetzt…“ (13)

G: Man kann sich diese Bruchlinie nicht deutlich genug machen. An ihr entlang entwickelt sich sukzessive über 2.500 Jahre hinweg die rationale Ermächtigung über unser Sprechen und Denken bis hin zum Zustand der freiwilligen Selbstbeschränkung unserer Gegenwart.

N: „…es (das philosophische Denken, CJG) hebt seinen Fuß in eine fremde, unlogische Macht, die Phantasie. Durch sie gehoben springt es weiter von Möglichkeit zu Möglichkeit, die einstweilen als Sicherheiten genommen werden: hier und da ergreift es selbst Sicherheiten im Fluge…” (813)

G: Das wäre ein weiterer Weg. Zulassen der Erscheinungen, aber Jonglieren, Fügen und Zerbrechen dessen, was die Erscheinung begrifflich verformt. Denken also mit Bausteinen in der freien Kollage, im Vexierspiel.

E: „…Wir fragen aber nicht nach dem Erscheinenden, sondern nach dem, was über das Erscheinende ausgesagt wird, und das unterscheidet sich von der Frage nach dem Erscheinenden selbst…“ (98)

(E: Sextus Empiricus: Grundriss der pyrrhonischen Skepsis; Frankfurt am Main 1985)
(N: Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe, München 1999, Band 1)
(WS: Wolfgang Schadewaldt: Die Anfänge der Philosophie bei den Griechen; Frankfurt am Main 1978, Band 1)
(HS: Hermann Schmitz: Der Leib, der Raum und die Gefühle; Berlin und Locarno 2007)

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt