Stimmung als Wie …?

By cjg on 4. März 2016 — 1 min read

G: Stimmungen wirken als Wie des menschlichen Daseins. Sie sind zu verstehen als Art Grammatik, als Matrix oder Medium, um Welt wahrnehmen zu können. Hier sind sie also ganz anders verstanden als üblich. Nicht gedacht als Abfallprodukt des Verstandes, als animalische und instinkthafte Restspur, sondern als bedingende Größe des Lebendigseins.

H: „…(Die Stimmung, CJG) ist das, was dem Dasein von Grund auf Bestand und Möglichkeit gibt…“ (101)

G: Stimmungen sind da. Mit uns und nicht durch uns. Auch vor uns und hinter uns. Größer und umfassender als jeder Einzelne selbst.

H: “…Stimmungen tauchen nicht im leeren Raum der Seele auf und verschwinden wieder, sondern das Dasein als Dasein ist immer schon von Grund auf gestimmt. Es geschieht nur immer der Wandel der Stimmungen…“ (102)

G: So vielfältig wie die Stimmungen, sind auch ihre möglichen Wirkungen auf den Menschen. Nie sind sie ganz und gar, nie rein, nie fassbar, nie festlegbar. Das aber ist kein Mangel, sondern der Garant für das Menschliche schlechthin.

N: „…Nur das Unvollständige kann begriffen werden – kann uns weiterführen. Das Vollständige wird nur genossen…“ (348)

G: Die Stimmung birgt das Mögliche. Sie hält uns in die Möglichkeit hinein.

G: Erneute Umwertung der Werte. Das Sein selbst, das nackte Das des Existierens, bestimmt die Organhaftigkeit des Menschen und nicht umgekehrt. D.h., das Wesen des einzelnen Menschen ist nicht eine Art Abfallprodukt seines Körpers / seiner Organe, sondern umgekehrt werden die Organe in Form und Funktion gebracht für die Wahrnehmung des eigenen Seins. Die Stimmung macht den Menschen erst möglich. Sie ist nicht die Folge des Körpers, sie ist seine Voraussetzung.

N: „…163. Realisierung der Theorie. Fühlbarkeit des Gedankens. Gesetz – gefühlter Gedanke…“ (348)

G: Gestimmt-sein heißt, in permanentem Wandel zu sein. Menschen-Handeln ist Möglichkeiten-Handeln. Deshalb entarten logisch-technische Welten allzu oft in Beharrungs-Welten. Die Beharrung aber ist die Abwendung vom menschlichen Wesen.

G: Poetische Welten sind die des Wandels. Sie verweisen in die Möglichkeit. Sie sind treue Weggefährten der Gestimmtheit und der Stimmungen.

(H: Martin Heidegger Gesamtausgabe, Band 29/30, Frankfurt am Main 2004)
(N: Novalis: Werke, Tagebücher und Briefe Friedrichs von Hardenberg, Band 2, Darmstadt 1978)

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt