Wandlungen …

By cjg on 23. März 2016 — 2 mins read

G: In dieser Reihe soll ausgelotet werden, was Wandel bedeuten könnte. Brennende Frage hierzu: bleibt Wandel stets gebunden an Bestehendes und also in Abhängigkeit der Anschauung sowie deren menschlicher Übersetzungen des Angeschauten – also der Sprache? Ist Wandel das Andere des Neuen oder ist das Neue nichts weiter als Wandel?

K: „…Nun beruht aber alle unsere Unterscheidung des bloß Möglichen vom Wirklichen darauf, dass das erstere nur die Position der Vorstellung eines Dinges respektiv auf unsern Begriff und überhaupt das Vermögen zu denken, das letztere aber die Setzung des Dinges an sich selbst (außer diesem Begriffe) bedeutet…“ (354)

G: Kann eine „tiefere“ Form in die Sprache geraten? Kann eine Sprache jenseits eines Bezeichneten operieren? Kann eine solche Sprache den Menschen schreibend und denkend halten, ohne das zu Schreibende und das zu Denkende in Begriffe zu pressen? Kann sie an-rühren, ein-hegen, ohne festzulegen? Wäre man noch sprechfähig oder glitte in die Meditation?

N: „…Die Sphäre der Poesie liegt nicht ausserhalb der Welt, als eine phantastische Unmöglichkeit eines Dichterhirns: sie will das gerade Gegentheil sein, der ungeschminkte Ausdruck der Wahrheit und muss eben deshalb den lügenhaften Aufputz jener vermeinten Wirklichkeit des Culturmenschen von sich werfen…“ (57)

G: Denken als Wegweisung und Aufforderung zum Gehen und nicht als reproduzierbare Formelbereitung. Diese Lektion auf das Bauen gewendet ist es, die die Bau-Kunst beherzigen muss, will sie über sich hinaus und damit hin zu den Menschen.

G: Warum sollte man länger dem aristotelischen Diktum folgen und Möglichkeit stets an materielle Wirklichkeit knüpfen? Was wäre, wenn die Möglichkeit und Wirklichkeit eins sind? Was wäre, wenn Wirklichkeit nicht einmal den Körper und das Materielle kennte?

S: „…Ein körperlicher Träger der Bewegung ist nicht zur Vorstellung des Wirkens im Raume, der „Wirklichkeit“, notwendig…“ (15)

G: Steht die Neuauflage des Kampfes an zwischen Platon und Aristoteles? Kann man das Verhältnis auflösen zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit, ohne in die reine Ideen-Welt zu geraten?

G: Lösen wir uns von den Dressuren, die unsere Sprache und unser Vorstellungsvermögen bestimmen. Versuchen wir beispielsweise, die Baukunst ohne Materie zu denken. Denn nur, weil wir die Architektur als Lastendes, Schweres begreifen wollen, wollen wir auch annehmen, dass sie nicht beweglich wäre.

N: „…Man glaubt, zwei Wanderer an einem wilden, Steine mit sich fortwälzenden Waldbach zu sehen: der Eine springt leichtfüßig hinüber, die Steine benutzend und sich auf ihnen immer weiter schwingend, ob sie auch jäh hinter ihm in die Tiefe sinken. Der Andere steht alle Augenblicke hülflos da, er muß sich erst Fundamente bauen, die seinen schweren, bedächtigen Schritt ertragen, mitunter geht dies nicht, und dann hilft ihm kein Gott über den Bach…“ (813)

(K: Immanuel Kant: Werke in zwölf Bänden, Frankfurt am Main 1977, Bd. 10)
(N: Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe, München 1999, Band 1)
(O: Oswald Spengler: Reden und Aufsätze, München 1937)

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt