Wollen …

By cjg on 18. März 2016 — 2 mins read

G: Wie könnte Schelling helfen, Sein, Nichts und Werden auseinanderzuhalten bzw. zusammenzubringen? Er tut es mit erheblich religiöser Schlagseite und spannt zunächst den Bogen über die Vorüberlegung des „Actus purus“, also der absoluten Vollkommenheit Gottes. Vor dieser ist alles Seiende unvollkommen und also in Wirklichkeit und Möglichkeit zerfallen. Ist die Wirklichkeit ohne verbleibende Möglichkeit erreicht, haben wir den Zustand der Vollendung.

G: Setzten wir uns also der (heutigen…) Zumutung aus, Gott nicht für eine Illusion zu halten und stellen uns den Zustand der Vollkommenheit vor. Ein alles und jedes Bergendes, eine ewige Harmonie, ein fruchtbarer Ur- oder Ungrund. Aber auch ein Stillstand, eine Unbeweglichkeit, eine lange Weile. Vielleicht die längste Weile…Es bedarf einer Störung, die die Harmonie zur sich selbst bringt. Es braucht das Andere der Vollkommenheit, um sie sich gewahren lassen zu können.

S: „…Und auf diese Weise kommt in das unbewegliche Seyn eine Beweglichkeit, es bekommt eine Negation in sich, hört zwar nicht auf actus purus zu seyn, ist aber nun nicht mehr actu, sondern nur dem Wesen nach, nur potentia. Actus purus, ist gehindert in seinem actus purus, nicht mehr das lautere, potenzlose Seyn; dadurch aber, dass es Negation, Potenz in sich bekommen hat, ist es ein sich selbst besizendes Seyn geworden, ist in sich zurückgesezt, sich selbst geworden. Der, der Herr ist, das Zufällige zu sezen, ist seines Urseyns mächtig geworden, den actus purus zur Potenz zu erhöhen…” (456/457)

G: Die Möglichkeit als Potential begriffen, wirkt wie die Negation der Vollkommenheit. Das Wirken lässt den Blick frei auf sich selbst – lässt ihn erst entstehen. Das Andere des Unvordenklichen hilft, das Sein desselben zu begreifen. Es hilft, das Sein zu gewahren zu denken und zu sprechen.

S: „…Was der Anfang alles Denkens ist, ist noch nicht das Denken; es ist das Erste, quod se objicit cogitanti, was daher überwunden werden soll, für den Anfang ausser dem Denken, ihm entgegenstehend…” (450)

G: Wir werden also sprechfähig über etwas, das sich der Unausprechbarkeit entzieht. Woher kommt nun der Impuls dazu? Schelling bemüht hier das Wollen und bringt es vor oder über die Absolutheit. Das Wollen ist es, das auch die „erste“ Störung, den Weg zum Anderen des Selbst provoziert.

S: „…Was immer sein Seyn voraus hat, ist das eigentlich etwas wollen- und anfangenkönnende, dadurch, dass es sein Seyn unabhängig von sich hat, sein Seyn voraus hat und desselben sicher ist…“ 457)

G: Das Wollen als Garant der Gewahrung des Dass der Existenz zu “provozieren”, könnte die vornehmste Aufgabe einer Baukunst als Möglichkeit werden.

(S: F.W.J. Schelling: Philosophie der Offenbarung, Paulus-Nachschrift 1841/42)

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt