Zwischen-Bergungen …

By cjg on 24. Februar 2016 — 2 mins read

G: Im Menschen selbst findet die Verbindung statt von Poesie und Architektur. Das hat Heidegger entlang an Hölderlin entfaltet. Die Frage wäre nun noch, wo oder worin die Interaktionen zwischen den beiden wesenhaften Milieus passieren.

H: „…Das Aufschauen durchmisst das Zwischen von Himmel und Erde. Dieses Zwischen ist dem Wohin des Menschen zugemessen…“ (198)

G: Das Zwischen ist nicht leer; es ist aber auch nicht offenkundig. Es ist eine zur Offenkundigkeit fähige „Matrix“. Das Zwischen ist die verborgene Fülle. Es ist die „Bedingung der Möglichkeit“ schlechthin. Es ist die Basis für das Da-sein-können.

H: „…Dieses Durchmessen unternimmt der Mensch nicht gelegentlich, sondern in solchem Durchmessen ist der Mensch überhaupt erst Mensch…“ (199)

G: Wesenhaft ist es also, zu tun bzw. tun zu können.

H: „…Das Wohnen des Menschen beruht im aufschauenden Vermessen der Dimensionen, in die der Himmel so gut gehört wie die Erde (…) Die Vermessung des menschlichen Wesens auf die ihm zugemessene Dimension bringt es in seinen Grundriss…“ (199)

G: Das Maß-nehmen geht einher mit dem Stellen und Setzen. Aber die größte Maß-nahme ist es, das Nehmen-können selbst zu ermessen. Hier geraten die Dichter und Architekten in die Nähe zum Unaussprechlichen. Dieses kann nicht be-nannt werden, es hat keinen Namen, kein Wort dann es fassen – und doch: es ist da.

H: „…Im Dichten ereignet sich, was alles Messen im Grunde seines Wesens ist…“ (200)

G: Der Dichter erhält das Unausgesprochene. Er erhält und hütet es förmlich. Dichtung lebt vom behutsamen Stellen der Sprache um das Verborgene seiner Ermöglichung herum.

H: „…Das Dichten ist die im strengen Sinne des Wortes verstandene Maß-nahme, durch die der Mensch erst das Maß für die Weite seines Wesens empfängt…“ (200)

G: Dichter halten das Mögliche der Sprache in ihre Präsenz. Architekten stellen das Mögliche des Daseienden in seine Präsenz.

G: Dichter wie Architekten sind in Erstarrungstechniken geübt. Sie operieren mit den Restspuren von Entbergungs- und Offenbarungspräsenzen. Striche von Buchstaben und Striche von Zeichnungen ähneln sich in diesem Punkt.

D: „…Einerseits stellt sie (die Schrift, CJG) (…) die Anstrengung dar, sich symbolisch die Präsenz wieder anzueignen. Andererseits besiegelt sie eine Vertreibung (…) Der Entzug der Präsenz ist die Bedingung der Erfahrung, das heißt der Präsenz…“ (285)

(H: Martin Heidegger: „…dichterisch wohnet der Mensch…“; In: Gesamtausgabe, Band 7, Frankfurt am Main 2000)
(D: Jacques Derrida: Grammatologie; Frankfurt am Main 1983)

Veröffentlicht in: Gedankenwerkstatt