Simulation und das Einmaleins der Bau-Planung …

By cjg on 13. Januar 2016 — 3 mins read

Um einen guten Job zu machen, genügte es Planern bis vor nicht allzulanger Zeit, die Wechselwirkungen von Architektur und technischer Gebäudeausrüstung mit den funktionalen Zusammenhängen eines Bauwerks in
Einklang zu bringen. Ansprüche an die Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes definieren heutzutage jedoch einen Aufgabenhorizont, der weitere Faktoren in den Planungsprozess einfließen lässt…

Die Inhalte „Energie“ und „Lebenszyklus“ ziehen Themenfelder nach sich, die auch mit Amortisation, Finanzierbarkeit oder Renditeerwirtschaftung zu tun haben. Konstruktion, Kostenermittlung oder Bauleitung gehören zweifellos nach wie vor zum Einmaleins des Planens, werden jedoch ergänzt durch die Notwendigkeit, den gesamten Zeitraum eines Bauwerks mit allen Auswirkungen im Blick zu haben.

Lebenszyklus
Die Spanne von der ersten Skizze bis zum Abriss des Gebäudes beschreibt man als  „Lebenszyklus“. Das Denken darin spart dem Auftraggeber unter Umständen eine Menge Geld. Die meisten Aufwendungen im Bauprozess und in der späteren Nutzungsphase sind nämlich bereits in der -nichtoptimierten- Planung angelegt. Das bedeutet, dass Mittel dort auch am effektivsten eingespart werden können. Man vergegenwärtige sich beispielsweise, dass zwischen 30 und 50 % der anrechenbaren Kosten im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung anfallen.

Rechnergestützte Programme helfen dabei, planerisch, technisch und konstruktiv wirkende Einflüsse zu simulieren. Der Clou bei den Simulationsverfahren ist es, dass energetisch-wirtschaftliche Optimierungen von Neubauten oder auch Bestandsimmobilien bereits im frühen  Planungsstadium möglich sind. Um die bestimmenden Einflussgrößen in dieser Phase abzubilden, wird gemeinhin die thermische Situation, das Tageslicht oder die Strömung im oder um das Gebäude herum simuliert. Grundlage hierfür ist ein dreidimensionales, digitales Computermodell. Es wird auf wichtige Daten reduziert und mit höherer Präzision verfügbar gemacht.

Thermische Gebäudesimulation
Die wenig aussagekräftigen statischen Verfahren für Wärme- und Kühllastberechnungen sind bei  modernen Planern mittlerweile komplett abgelöst. Ersetzt wurden sie durch die thermisch-energetische Gebäudesimulation. Das Verfahren beschreibt das dynamische Verhalten eines Bauwerks im zeitlichen Verlauf, in der Regel über ein ganzes Jahr. Neben der Gebäudegeometrie spielen die äußeren klimatischen Bedingungen sowie das Nutzerverhalten und die Anlagentechnik eine entscheidende Rolle.

Der Zusammenhang aller Wärmeströme innerhalb eines Gebäudes, bzw. eines Gebäudebereiches (Zone) wird für jeden Zeitschritt der Simulation über ein numerisches Modell berechnet. Die zu berücksichtigenden Energieflüsse sind dabei: Transmissionswärme, Lüftungswärme, Solare Gewinne, Innere Wärmelasten aus Beleuchtung und Personen sowie die Anlagen- und Maschinen.

Aus den Simulationswerten kann ein realistischer Bedarf an Wärme- und Kühllast vor dem Hintergrund von Raumkomfort und Behaglichkeit ermittelt werden. Das Auslegen der Anlagentechnik erfolgt auf dieser Grundlage mit hoher Genauigkeit. Technikflächen, Installationsbereiche und letztlich Gebäudeabmessungen – wie Höhe und lichte Raumhöhen – werden maßgeschneidert bemessen. Weiter können aus den ermittelten Daten die Erstinvestitions- und die Betriebskosten frühzeitig prognostiziert und maßgeblich beeinflusst werden.

Strömungssimulation
Die Strömungsberechnungen helfen dabei, die exakte Auslegung und Optimierung von raumlufttechnischen Anlagen zu erreichen. Über die Anordnung der Luftein- und Auslässe sowie  die Berücksichtigung der entsprechenden thermischen Lasten, können Feuchte- und Schadstoffverteilungen, Druckverteilung und auch Behaglichkeitsparameter frühzeitig definiert und optimiert werden.

Beispielsweise hat die Planung für die Pharmaindustrie den internationalen Verpflichtungen der „Guten Herstellpraxis (GMP)“ zu genügen. In der Analyse und Optimierung für dortige Lüftungskonzepte ist die Strömungssimulation nicht mehr wegzudenken. So werden für verschiedene Betriebsfälle Temperatur- und Geschwindigkeitsfelder genauso berechnet wie Luft-Vermischungsprozesse während der Öffnung von Türen oder die „Aufkonzentration“ von leicht-flüchtigen Substanzen während eines Reinigungszyklus mit und ohne Öffnung der Türen.

Tageslichtsimulation
Der Energiebedarf, die Betriebskosten und somit auch die eingesetzte Primärenergie können  maßgeblich über den Glasanteil in einer Fassade bestimmt werden. Die Tageslichtsimulation ist daher meinst eng verzahnt mit der thermischen Gebäudesimulation. Darüber hinaus ist Licht  natürlich sehr wichtig für das menschliche Wohlbefinden. Durch den Einsatz von Tageslichtsimulationen sind detaillierte Aussagen über den erforderlichen Kunstlichtbedarf und eventuelle Blendungserscheinungen in Gebäude möglich.

Künftige Bauwerke sind nicht durch weniger, sondern durch mehr Komplexität charakterisiert. Neue Verfahren wie z. B. Simulationstools ermöglichen es, die Vielschichtigkeit einer Bauaufgabe zu durchdringen, deren Planungen zu präzisieren und letztlich ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Erschienen: Technik am Bau (TAB), 10/2007